K 8 – Wohin mit den Angaben?

4 Juli 2016
Adverbialen sind meist keine Komplemente des Verbs, sondern Angaben, die hinzugefügt werden können. Daher nahm man lange an, dass sie praktisch beliebig irgendwo im Satz platziert werden können.
Karin Pittner /Judith Bermann, Deutsche Syntax. 2004.

Die freien Angaben

Nun haben wir sie also soweit, Salli und ihren Sergey. Was die beiden tun, können wir uns ja vorstellen, wir hätten also alle Bestandteile für einen Satz beisammen, wie wir ihn bisher kennen: Subjekt, Verb, Objekt – Sie lieben sich. Genügt uns das oder wollen wir ein bisschen mehr wissen? Wo tun sie es? Wie? Oder vielleicht wie lange? Seien wir diskret, lassen wir die beiden das unter sich abmachen. Aber bleiben wir ein bisschen beim Wo, Wie, Wann, Warum. 

Wo, Wie, Wann, Warum

Prädestiniert für Antworten auf solche Fragen sind die Satzglieder, die wir bis jetzt noch gar nicht richtig beachtet haben: die Angaben. Sie kümmern sich um Informationen zu Orten, Zeiten, Gründen und näheren Umständen. 

In den Grammatikbüchern ist häufig die Rede von „freien Angaben“. Das soll besagen, dass diese Satzglieder im Unterschied zu den Ergänzungen nicht zwingend vom Verb gefordert werden. Ob wir Angaben machen, hängt von unserer Entscheidung ab, die Grammatik selbst ruft sie nicht auf den Plan. Vom Standpunkt der Grammatik aus bekleiden sie also gewissermaßen einen niedrigeren Rang als die Ergänzungen. Das hat Konsequenzen: Wenn sie im Satz auf eine Ergänzung treffen, müssen sie sich – unter ansonsten normalen Umständen – entsprechend unterordnen und mit der Position vor der Ergänzung begnügen. 

                          Angabe               Ergänzung
Sergey war       zu Sowjetzeiten   ein bekannter Rennfahrer.

Oder vielleicht ein bisschen schöner, weil so zwei ziemlich mächtig wirkende Satzglieder entzerrt werden:

Angabe                                         Ergänzung
Zu Sowjetzeiten   war  Sergey    ein bekannter Rennfahrer.

Wir halten fest: Angabe steht vor Ergänzung

Sollte die Ergänzung allerdings aus einem einzigen Wort oder gar einem dünnen Pronömlein bestehen, während die Angabe durch eine Präposition verdickt wurde, kann sich letztere – nach der Regel kurz vor lang – die Position dahinter erobern:

                  Ergänzung   Angabe
Er war        bekannt      auf allen Rennbahnen des Landes.
Man kannte ihn             auf allen Rennbahnen des Landes.

Haben Angaben keine Stellungsregeln?

Liegt es an der Bedeutung des Wortes „frei“, dass die meisten Grammatikbücher, sobald es um die Stellung der „freien Angaben“ geht, erklären, dass es dazu „keine festen Regeln“ gibt? Aber was soll das eigentlich sein, eine „feste Regel?“ Wir haben ja schon gesehen, dass mit Ausnahme der Verben im Prinzip kein Satzglied auf eine Position festgelegt ist: Subjekte finden sich auf der ersten, der dritten, der letzten Position, auch die Objekte tauschen mitunter fröhlich den Platz. 

Freiheit heißt nicht ohne Sinn und Verstand

Vielleicht tun wir den Schafen gerade unrecht: Ohne Sinn und Verstand scheinen auch sie nicht herumzulaufen. © Andrea Geier

So gesehen gäbe es auch für diese Satzglieder „keine festen Regeln“. Aber wie wir schon wissen, bedeutet Freiheit im deutschen Satz ja nicht, dass die Satzglieder wie eine ausgebrochene Schafherde ohne Sinn und Verstand im Satz herumlaufen würden. Wann immer Satzglieder sich für einen bestimmten Platz innerhalb des Satzes entscheiden, dann tun sie das mit einem Grund. Für die so genannten „freien Angaben“ gilt das Gleiche. 

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