K 12 – Sind Interjektionen Wörter?

24 Juli 2016
Interjektionen

Mit seiner Auffassung, Interjektionen seien nicht mehr als Krach, befindet sich Sallis Freund, der kluge Dr. Donnerstag, hinter dem Mond. Dass Interjektionen "just noise" seien, hört man schon seit ein paar Jahrzehnten nicht mehr. Als Wortart jedoch sind sie immer noch umstritten. Das liegt daran, dass sie sich in mancherlei Hinsicht anders verhalten, als wir es von Wörtern gewohnt sind:

Interjektionen verhalten sich anders als andere Wörter

Sie durchbrechen problemlos die Grenzen, die sich um das lautliche System jeder Sprache ziehen. Der Diphthong ui etwa ist im Deutschen nicht vorgesehen, es gibt kein einziges deutsches Wort damit. In den Interjektionen ui, hui, pfui sprechen wir ihn. Für eine Silbe brauchen wir in unserer Sprache üblicherweise einen Vokal. Jedoch nicht beim zustimmenden mhm, für das wir zusätzlich noch den so genannten Knacklaut produzieren, der sonst nur vor Wortstämmen erfolgt, die mit einem Vokal beginnen. 

Nicht nur im Deutschen

Das gilt auch für andere Sprachen. Im Chinesischen ist eine Lautfolge wie öä nicht möglich. Um einem Ekelgefühl Ausdruck zu verleihen, produzieren Chinesen aber einen Laut, der wie böä klingt. Und genauso wie alle Menschen erzeugen sie beim Erschrecken einen Laut, der wie heftiges, ruckartiges Einatmen klingt und bei Erleichterung einen zweiten, der sich wie ein langes Ausatmen anhört. 

Wie schreibt man so was?

Wie für Fremdwörter stellt sich bei Interjektionen das Problem der Verschriftung. Wie sollen Chinesen dies böä schreiben, wenn es den Laut sonst nicht gibt? Sie behelfen sich mit einem Zeichen, das dem Lautwert von ě entspricht. Für das heftige Einatmen findet sich in deutschen Texten hhh. Wirklich eingefangen wird das, was man hört, damit aber nicht. 


Schon gar nicht die Tonalität, die im Deutschen normalerweise gar nicht bezeichnet wird, bei Interjektionen aber eine große Rolle spielt. Linguisten, die sich mit ah und oh beschäftigen, brauchen deshalb ein eigenes Zeichensystem, um klarzustellen, dass die Stimme nach unten geht: h’m (Das ist ja merkwürdig!); oder nach oben: / h’m (Wieso das denn? Wie bitte?); gleich bleibt: hˉm (Vielleicht, aber ...); erst fällt, dann steigt: hˇm (Einverstanden) oder erst steigt, dann fällt: hˆm (Das schmeckt gut!)

Interjektionen und Syntax

Auch syntaktisch tanzen Interjektionen aus der Reihe: Normale Wörter finden ihr Zuhause in einem Satz. Interjektionen integrieren sich nicht in Sätze. Ein Konstrukt wie – *Salli ist ah schon wieder hingerissen von Sergey – lässt unser Sprachgefühl nicht durchgehen. Interjektionen treten am liebsten für sich auf als mhm, brr, ui, und wenn schon an einen Satz gekoppelt, dann – ähnlich wie ja oder nein – ganz vorne, in einem Vorvorfeld oder hinten, noch nach dem Nachfeld: Tja, das kann man ruhig eigenartiger finden als manch andere Dinge, hm! 

Haben Interjektionen Synonyme?

Und die Bedeutung? Für sehr viele Wörter halten die Sprachen Synonyme bereit: Pferd, Ross oder Gaul. Für und au gibt es keinen Ersatz. Das liegt daran, dass in diesen kurzen Lauten ganze Bündel von Gedanken, Wünschen und Gefühlen stecken, viel mehr Inhalt, als ein normales Wort transportieren könnte. Es liegt daran, dass Interjektionen tatsächlich keine Wörter sind. Sondern Sätze.

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