K 12 – Interjektionen und Sprache
25 Juli 2016
Was sind also Interjektionen?
Interjektionen sind keine Wörter, sondern Sätze. Au lässt sich nicht durch ein anderes Wort ersetzen, doch es lässt sich in einen Satz umformulieren: Ich hab mir gerade weh getan. Iiii heißt: Da ist etwas Ekliges. Mˇhm bedeutet: Sprich ruhig weiter, ich hör dir zu. Hä steht für Was sagst du? Ich versteh nicht. Interjektionen können Aussagesätze vertreten, Fragesätze oder Imperative. Und damit sind sie Bestandteil der Sprache. Oder fehlt ihnen noch etwas, das sie sprachtauglich macht?
Zeigen, Deuten
Eine erste Funktion von Sprache ist das Zeigen. Ähnlich wie mit Gesten können wir mit Interjektionen etwas zeigen, ohne dabei Worte zu benutzen. Das macht sie so brauchbar, wenn sich Leute begegnen, die nicht dieselbe Sprache sprechen. Normalerweise trennen uns die Wörter: Die gleiche Sache kann in der einen Sprache Pferd heißen, in anderen horse, equus, cavallo oder uma. In keinem Fall könnten wir ohne Kenntnis der jeweiligen Sprache nur vom Laut her auf die Bedeutung schließen. Bei einem iii oder oh aber wissen wir meist sofort, was gemeint ist, sie zeigen unser Gefühl.
Herrjemine
Die Rede ist hier, nebenbei gesagt, ausschließlich von den so genannten primären Interjektionen. Neben ihnen gibt es nämlich noch sekundäre Empfindungswörter, die aus wirklichen Wörtern hervorgegangen sind wie Zefix, ein leicht erkennbar abgebremstes Kruzifix oder Herrjemine, das ein zusammengeschmolzenes Herr Jesu Domine vertritt.
Kruzifix, gern auch abgemildert zu Zefix, Kruzinesn, Kruzibuzi oder Kruzitürken
Laut und Gefühl
Dass wir mit Interjektionen unsere Gefühle zeigen können, hängt mit ihrer Lautstruktur zusammen. Die ist bei Interjektionen nämlich nicht so zufällig wie die Lautkombination bei Pferd, was wiederum mit unserer Physis zusammenhängt.
Nehmen wir das ah. Bei diesem Laut entspannen sich bestimmte Muskeln im Gesicht. Bei Ekellauten dagegen spannen sie sich an, dabei führen wir mit Lippen und Zunge das aus, was wir tun müssten, um etwas abscheulich Schmeckendes über den Lippenrand zu schieben – iii – oder auszuwürgen – wäh, bäh – oder auszuspucken – pfui, puh.
Nach Luft schnappen
Und bei einigen Interjektionen fällt der Laut gleich zusammen mit einer situativ wichtigen Körperfunktion: Das Geräusch, das wir beim Erschrecken erzeugen, kommt vom unwillkürlichen, tiefen Schnappen nach Sauerstoff, den wir für die möglicherweise bevorstehende Fluchtbewegung brauchen. Mit Interjektionen drücken wir also unsere Gefühle unmittelbar aus, und Expression ist eine wichtige Funktion von Sprache.