K 5 – Wie sortieren sich Objekte im Satz?
22 Juni 2016
Der Nutzwert von "belebt" und "unbelebt"
Gibt es einen Nutzwert aus diesem „belebt – unbelebt“ für unsere Frage nach dem gelungenen Satz? Ja. Dann nämlich, wenn ein Verb sich mit einem Objekt allein nicht zufriedengeben mag. Das ist der Fall bei einer großen Anzahl von Verben:
• Die Verben des Gebens und Nehmens brauchen – wie schon gesehen – sinnvollerweise zwei Objekte: die Gabe oder das Diebesgut auf der einen Seite und den Beschenkten beziehungsweise Beklauten auf der anderen.
• Ebenso bei den kriminalistischen Verben mit Genitivobjekt, da klagt man auch immer 1. jemanden 2. eines Verbrechens an.
• Dann gibt es noch Verben, die zwei Akkusativobjekte wünschen, allerdings in begrenzter Zahl: lehren, nennen, schimpfen, schelten.
• viele dagegen mit einem Präpositionalobjekt, die ausgesprochen freudig noch ein weiteres Objekt mit ins Boot nehmen.
Welches Objekt zuerst, welches folgt?
Sobald sich zwei Objekte im Satz befinden, stellt sich die Frage nach ihrer Reihenfolge. Welches Objekt kommt zuerst, welches folgt?
Ausgangspunkt: Syntaktische Windstille
Werfen wir für diese Frage einen Blick auf die folgenden sechs Sätze, in denen sämtliche Kombinationsmöglichkeiten von Akkusativ-, Dativ-, Präpositional- und Genitivobjekt durchgespielt werden. Gehen wir davon aus, dass die Objekte als Nomen aufmarschieren und dass eine Art syntaktische Windstille herrscht, also kein Satzglied sich besonders ins Zeug legt, um beachtet zu werden – dann ergibt sich stets diese Abfolge:
belebt vor unbelebt
Subjekt 1. Objekt 2. Objektbelebt belebt unbelebtSalli streckt Sergey das Pachtgeld vor. ObD – ObASalli beschuldigt Sergey der Wespenvernichtung. ObA – ObGSalli lehrt Sergey den Tierschutzgedanken. ObA – ObASalli antwortet Sergey auf seine Frage. ObD – ObPrSalli verführt Sergey zu einer Apfelschorle. ObA – ObPrSalli diskutiert mit Sergey über die Mäusefrage. ObPr – ObPr
ObA = Akkusativobjekt; ObD = Dativobjekt; ObPr = Präpositionalobjekt: ObG = Genitivobjekt
Sprache ist nicht dogmatisch
Natürlich dürfte Salli mit Sergey auch über ihren Chef, also etwas Belebtes, diskutieren. Sprache ist nicht dogmatisch. Aber sie folgt gern dem, was sie sich als Normalfall gemerkt hat. Und im Normalfall ist es das belebte Objekt, das sich eine Position weiter vorne im Satz sucht, während das unbelebte Objekt dem Satzende zustrebt.
Der Reihenfolge – belebt vor unbelebt – sind wir im Grunde schon oft begegnet, ohne ihr besondere Aufmerksamkeit zu schenken. In den einfachsten Sätzen, wo so oft das (belebte) Subjekt vorne und das (unbelebte) Objekt hinten steht wie hier:
Subjekt (belebt) Objekt (unbelebt)Salli korrigiert unter heftigem Stöhnen sechzig Aufsätze.
Subjekte paradieren gerne auf der ersten Position im Satz, das haben wir schon gesehen. Diese Vorliebe wird aber problemlos aufgegeben, wenn nicht das Subjekt, sondern umgekehrt das Objekt belebt ist. Bei Verben, die körperliches oder seelisches Empfinden ausdrücken, ist das oft der Fall.
Wenn etwas weh tut
ObD (belebt) SubjektSalli tut angesichts von Barbaras Dogmatismus der Bauch weh.ObA (belebt) SubjektAnselm plagt in Sachen Notenlisten die Neugier.