K 8 – Temporale und lokale Angaben

7 Juli 2016
Zeit und Raum
 
Auffällig oft am Satzende finden sich Satzglieder, die sich zum Wo einer Sache äußern. Das mag an der besonderen Stattlichkeit einer Ergänzung liegen; gleichzeitig fügt sich aber diese typisch deutsche Einteilung in TE vorne im Satz und LO hinten (typisch deutsch im Unterschied zum Englischen etwa, wo es genau umgekehrt ist, wo Ortsangabe oder -ergänzung vor Zeitangabe steht) gut hinein in unsere bisherigen Erkenntnisse über den deutschen Satz und seine sich steigernde Dramatik. Denn eine Handlung mag oft keinen rechten Grund haben und vielleicht wenig Art und Weise – aber Zeit und Raum sind die beiden Achsen, um die herum sich schlechterdings alles abspielen muss auf der Welt. 
 
Wer bietet mehr? Zeit oder Raum?
 
 
Und da haben wir von einer Kategorie wie der Zeit nicht sehr viel Spannendes zu erwarten, denn im Grunde gibt es hier nur drei Möglichkeiten: GESTERN, als Salli noch alleine war, HEUTE, wo sie mit Sergey in einem Bett schläft und MORGEN, über dessen Glanz oder Elend wir im nächsten Kapitel befinden werden. Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft also und ihre Maßeinheiten und Variationen als Tage, Minuten, Dezennien, als ein bald oder wieder oder nie
 
Der Raum und seine Möglichkeiten
 
 
Der Raum dagegen bietet schier unendliche Möglichkeiten von Schwabing bis Daglfing, von Sallis Kiste mit Kitschfilmen bis zu einer Pferdebox, von Russland bis Oberbayern, wenn wir weiter denken, merken wir, dass die Palette wirklich endlos ist. Denn so wie sich Salli bis vor kurzem noch gar nicht vorstellen konnte, was überhaupt eine Kolchose ist, so kann es darüber hinaus ja noch viele weitere neue Welten für sie (oder uns) zu entdecken geben. Der Raum überrascht uns. Entsprechend fühlt es sich so richtig an, wenn die lokale Ergänzung uns erst am Ende des Satzes erwartet. 
 
Das letzte Wort hat die Dramaturgie
 
Wenn es allerdings dem Drama im Satz dient, die Frage nach dem Warum möglichst lange hinauszuschieben oder nach dem Wie oder Wann – dann haben natürlich auch die Angaben zu KA, MO und TE ein Recht auf diese Position. Wenn es die Spannung vergrößert, können wir jede Information zurückhalten bis zum Schluss. Dann darf durchaus auch eine temporale Angabe am Ende stehen. Wir müssen sie nur für wichtig genug erachten:
 
Subjekt                Verb          Objekt    MO                       TE
Salli und Sergey verlassen das Bett   bestimmt nicht    vor morgen früh.
 
 
 

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