K 6 – Reflexivpronomen, Angaben, Modalpartikel

27 Juni 2016
Wohin mit dem Reflexivpronomen?
 
Einem Wechsel nur diesem klanglichen Prinzip zuliebe begegnen wir auch beim Reflexivpronomen sich. Dieses Wort ist von seiner Eigenbedeutung her ein ausgesprochen informationsschwaches Bürschlein. Der, den es bezeichnet, wird im Subjekt des Satzes ja sowieso schon benannt, etwas Neues kommt mit sich also nicht mehr ins Spiel. Von daher muss es sich mit einer Position sehr weit vorne im Satz begnügen:
 
Salli  wird  sich das mit dem Aufenthalt im Süden überlegen.
    
An dieser Stelle gleich nach V1 drückt sich das Reflexivum auch gern herum, wenn das Subjekt von der ersten Position weiter nach hinten verlegt wurde. Zwar lässt sich sagen:
 
Heute hat Salli sich  richtig geärgert.
 
 Ein bisschen flockiger klingt allerdings:
 
      Heute hat sich Salli  richtig geärgert.
 
Und sollte das Subjekt sich in ein Pronomen verwandelt haben, dann wird es piepsiger sogar als sich, so dass nur noch diese Reihenfolge erlaubt ist, ein deutliches kurz vor lang:
 
Heute hat  sie sich  richtig geärgert.
 
 Adornisieren
 
Dass sich so weit vorne steht, ist ein sprachgeschichtlich jüngeres Phänomen. Noch zu Zeiten von Otto Behaghel lümmelte es weiter hinten im Satz herum. Der deutsche Philosoph Theodor W. Adorno hat diese Flexibilität genutzt und es zu seinem Markenzeichen gemacht, sich möglichst weit nach hinten zu setzen. Wer „adornisieren“ möchte, verlegt sein sich auf diese Weise. Für Normalmenschen bleibt es vorne im Satz.
 
Die fast unlösbare Aufgabe besteht darin, weder von der Macht der anderen, noch von der eigenen Ohnmacht sich dumm machen zu lassen. Theodor W. Adorno. Minima Moralia, Suhrkamp. Klappentext. 
Wohin würden wir das sich setzen? 
 
Wie sortieren sich Modalpartikeln ein?
 
Nach dem Prinzip kurz vor lang sortieren sich auch Modalpartikeln. Das sind jene chamäleonhaften kleinen Verwandlungskünstler unter den Wörtern, die wir in der gesprochenen Sprache so oft brauchen. Schauen wir doch und bloß bei ihrem Einsatz als Modalpartikel zu. Die eine lässt einen Imperativ freundlicher klingen, die andere verleiht einem so genannten irrealen Wunschsatz etwas noch Flehentlicheres:
 
Trink doch ein Glas!
Wenn bloß Barbara endlich den Mund hielte!
  
Beide Male kann die schmächtige Partikel vor das Nomen treten. Das verbietet sich, sobald wir ein Pronomen an seine Stelle setzen. Dann muss es heißen:
 
Trink das doch!
Wenn sie bloß endlich den Mund hielte!
   
Und jetzt noch die Angaben
 
Auch Satzglieder, die syntaktisch vollkommen gleiche Rechte genießen, sortieren wir nach dem Klang. In den beiden folgenden Sätzen finden wir zwei modale Angaben, die sich hinsichtlich ihrer grammatikalischen Wertigkeit durch nichts voneinander unterscheiden:
 
                                       modale Angabe1   modale Angabe2
Salli steuert das Auto    nervös und           voller Hektik
Sergey dreht das Pferd geschickt und      ganz ohne Hast.
 
Dennoch käme kein Muttersprachler auf die Idee, so umzustellen, dass die längere präpositionale Gruppe vor dem kürzeren Adverb steht: 
 
* Er dreht das Pferd ganz ohne Hast und geschickt. 
 
Nichts als Rhythmus
 
Nichts außer unserem Sinn für Rhythmus sorgt hier für die Satzstellung. Ein Verstoß dagegen hätte ein Gefühl zur Folge, als ob der Satz nach hinten umkippte. Oder als ob zu Beginn von Beethovens Fünfter Sinfonie die Noten vertauscht worden wären: erst die halbe Note, dann die drei Achtel: * taam - ta - ta - ta...
 
 
P.S. Das kleine * bedeutet in der Linguistik "Achtung! Da stimmt etwas nicht." (Oder fachsprachlicher: "Dieser Ausdruck ist ungrammatisch.") 

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