Ufa 2017 – letzte Besuche – vom Wohnhaus zum Grab
6 Mai 2017
An unserem letzten Tag in Russland machen wir die Antrittsbesuche. Zuerst im Moskauer Wohnhaus von Familie Tolstoi und dann auf den sagenhaften Friedhof Nowodewitschi, wo sie alle liegen: Generäle, Flugzeugkonstrukteure, Komponisten, Philosophen, Schauspieler, Schriftsteller. Auch Jelzin (im protzigsten Grab) oder Stalins schöne, unglückliche Frau.
Der Herr hier in der Mitte ist Nikulin, Zirkusartist, Clown und Schauspieler. Man hat ihn zusammen mit seinem Bühnenpartner, einem Scotch Terrier, in Stein gehauen. So beliebt ist Nikulin immer noch, dass ihm die Leute nicht nur Blumen auf sein Grab legen, sondern auch eine Zigarette zwischen die Finger stecken.
Hier liegt – vergleichsweise bescheiden – Bulgakow, aber auch er wird geliebt, sein Grab geschmückt.
Den (für mich) größten von allen, Anton Pawlowitsch Tschechow, haben wir erst nicht gefunden. Als ich dann auf einem der Wege eine Dame ansprach, wusste die es gleich: "Ich zeige es Ihnen. Da, sehen Sie, da liegt er." Die Moskauer kennen ihre Dichter.
In Tolstois Wohnhaus sind die ehemaligen Bewohner sehr lebendig geworden: Lew Tolstoi, ein Graf, der Fahrrad fuhr und in einer Werkstatt in seinem Haus zu seinem Vergnügen Schuhe herstellte, seine Frau, die die Kinder in Deutsch unterrichtet hat, die Dienstboten, die lebenslang im Hause wohnten, dort sogar heirateten. Die Kinder, einige jung verstorben, alle musisch. Und hier auf dem Friedhof halten die Besucher ihre Dichter, Musiker und Philosophen am Leben.
Da möchte man doch – wenns mal so weit ist – gern wenigstens tot über dem Zaun hängen.
Blog abonnieren
Themen