Zum Übersetzer geboren – Theo Votsos
3 Juni 2019

Ja, Theo lebt vom Übersetzen, ein gewaltiges Œuvre hat er bis jetzt schon geschaffen – als wir auf der Buchmesse durch die Hallen streifen, geschieht es immer wieder, dass er an einem Stand stehen bleibt, ein Buch in die Hand nimmt – „Hm, ja, habe ich mal übersetzt“.
Dass er Übersetzer sein soll, wurde Theo in die Wiege gelegt. Als Kind griechischer Gastarbeiter in Kornwestheim (bei Stuttgart) war er es, der zwischen den Eltern hier und den Deutschen da vermittelt, übersetzt, der Welten erklärt hat. Was ist erklärungsbedürftig an Deutschland für Griechen? „Na, zum Beispiel Hölderlin. Und Leberkäse! Die eine Kultur als Korrektiv für die andere nutzen, zum organischen Bestandteil der anderen machen – das ist doch die Leistung des Übersetzers.“
Das Verhältnis von Deutschland und Griechenland? Die Antwort kommt mit einem Lachen: „Ich vielleicht? In mir treffen ja die beiden Kulturen aufeinander, müssen miteinander auskommen, sich dienen, sich wechselseitig korrigieren und sich versöhnen.“
Was ihm zur Krise einfällt: Die hat er aus nächster Nähe erlebt. „War schlimm. So viele liebe Menschen, die betroffen waren. Die Selbstmordwelle, die Griechenland überrollt hat ... In Athen war es freilich härter als in der Provinz. Auf der anderen Seite gibt es so viel Gelassenheit zu beobachten, so viel Selbstironie und Humor. Und der im Großen und Ganzen friedliche Umgang mit all den einschneidenden Veränderungen – da kann mensch nur den Hut ziehen! In gewisser Weise hat sich die Krise sogar als Chance erwiesen, sich wieder auf das Wesentliche zu besinnen. Die Solidarität, die Griechinnen und Griechen gegenüber den Flüchtlingen gezeigt haben in einer Zeit, in denen es ihnen selbst „dreckig“ ging, war und ist phänomenal und hat auf eindrucksvolle Weise demonstriert, dass menschliche Beziehungen unabhängig von ökonomischen Erwägungen möglich sind.“
Theo, was wünschst du dir? – „Dass wir glücklich bleiben. Dass wir uns in die Augen schauen, Differenzen offen ansprechen und überwinden können – kritisch und solidarisch, auf zivile Weise.“
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Theo hat den Übersetzer-Workshop zusammen mit Michaela Prinzinger geleitet, moderiert, eigene Fragen und Einfälle beigesteuert und jeden Abend ein neues, wunderbares kleines Lokal mit und ohne Musik für uns gewusst.
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