Susann Pásztor. Die Geschichte von Kat und Easy
22 Juni 2021
Katharina hat sich umbenannt in Kat, weil Kat die Macht hat, nicht nur sich, sondern auch ihre beste Freundin in einen anderen Menschen zu verwandeln. Warum auch sollte die weiter so kindlich-herzig Isi heißen, wo sie doch Easy sein kann? Take it easy, Easy! Schließlich ist man sechzehn, man lebt in den herrlichen 1970ern voller Santana, Super-Dope direkt vom Hindukusch und über ein Groupie-Heftchen ist man auch noch wohl informiert über den beim ersten Mal erwartbaren weiblichen Wahnsinns-Orgasmus. Überhaupt lässt sich die Zukunft nie besser vorhersehen als in diesem Alter: Kat und Easy wissen, dass sie später dauernd auf Rockkonzerte und zu Sit-Ins und Demos gehen werden und wenn man schon alle Geheimnisse miteinander teilt, warum dann nicht auch den Freund? Doch als Kat sich zum ersten Mal wirklich verliebt, ist ihr gleich klar, dass es nicht klug wäre, wenn sie den angebeteten Fripp – der Hesse liest und dessen Blick dunkle Magie verheißt – allzu nahe an Easys Gesichtsfeld ließe. Für Easy nämlich ist wirklich alles easy, auch die scheinbar unbewusste Kunst, die Blicke von Männern auf sich zu lenken.
Wer kennt es nicht, das ungleiche Freundinnenpaar, von denen die eine so uneitel schneidig ist, so tapfer, schlagfertig und eine wirklich treue Kumpanin und die andere so schön und bambi-artig lieb, dass sie gar nicht mitbekommt, was sie im Seelengärtlein der Freundin gerade alles zertrampelt hat? Als die beiden Frauen sich wiedersehen nach jenen längst vergangenen, gemeinsam verbrachten Tagen in der Kleinstadt, ist eine Katastrophe passiert, die beiden das Herz gebrochen hat. Und es ist viel Zeit verstrichen, in der die zwei einen Lebensweg beschritten haben, der ihren Charakteren verblüffend adäquat erscheint. Die weise gewordene Easy fasst es in die Worte: Wir waren jung damals, aber wir waren trotzdem längst die, die wir heute sind. Das ist erschreckend und tröstlich zugleich.
Dem Leser ergeht es in gewisser Weise ähnlich. Auch wenn er sich getröstet wähnt, weil ihm das tragische Ende schon so früh im Buch mitgeteilt wurde, durchfährt es ihn dann doch erschreckend scharf und schmerzhaft, als er es ganz am Schluss noch einmal – aus Kats Erleben serviert bekommt. Wie so was funktioniert? Keine Ahnung. Das ist eine besondere Erzählkunst, die hat man oder nicht. Susann Pásztor jedenfalls hat sie. Und dazu den Blick auf die Siebziger, wie sie waren. Jeder, der diese Zeit erlebt hat, wird sich freuen bei diesem Buch, so genau ist hier die Atmosphäre eingefangen.
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