Eva Baronsky & Claudia Brendler. Liebe würde helfen. Ein Staffelroman
4 Juni 2021
Liebe würde helfen
Die schöne Frau wird verlassen, hätte gern wieder einen und klickt sich durch die diversen Singlebörsen – geht ja heute ganz leicht. Auch die weniger schöne wurde verlassen und seither stinkt ihr das Leben oder sie stinkt den anderen – wer kann das schon sagen? Der smarte Mann wurde verlassen, was ja nicht schlimm sein kann für einen wie ihn, aber dann ist es doch so schlimm, dass er auf Facebook immer wieder nachsehen muss, wie glücklich die alte Liebe jetzt mit dem anderen ist. Auch der weniger smarte Mann wurde verlassen, der Kneipier mit dem Duschbad für Obdachlose, der sich seither durchschlägt im steten Bemühen um sein Standing in einer „Literaturgruppe“ und mit der Frage, ob er sich in seinem Alter und der Prostata-Sache denn überhaupt noch einer Frau zumuten könne. Eigentlich undenkbar, außer es wäre Liebe im Spiel. Liebe würde helfen, aber die gibt es, scheint’s, heute nur noch im Irrealis. – Warum werden wir denn dauernd alle verlassen? Weil die neue Frau jünger ist; weil der andere Mann Kinder will; weil der kurzzeitig ausprobierte Typ nett, aber wohl nicht vorzeigbar ist; weil die treulose Affäre attraktiver scheint als der gutmütige Kerl vorher; weil die Aussicht auf ein Baby dem coolen Künstler eine Flucht nahelegt. Einfach so beieinander bleiben, scheint keine einfache Sache zu sein, zumal wenn die Liebe fehlt. Ohne Liebe wird’s schwierig.
Wie bei einem Staffellauf haben die zwei Autorinnen sich ihre Figuren weitergereicht, die ihrerseits alle miteinander zusammenhängen. So dass der Leser, wie im richtigen Leben, wo man sich bekanntlich immer zweimal sieht, all die traurigen, aufgekratzten, verlogenen oder verzweifelten Menschen schon zu kennen glaubt, wenn er ihnen in der nächsten Geschichte persönlich begegnet. Ein schönes Buch – und im Unterschied zu seinem Titel sehr im Realis geschrieben.
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