Mathijs Deen. Unter den Menschen.

„Irgendwo weit im Norden steht am Seedeich ein Bauernhof, der wie ein wartendes Arbeitspferd sein Hinterteil dem Meer zuwendet.“
So beginnt der Roman „Unter den Menschen“ des niederländischen Autors Mathijs Deen. Auf diesem Hof lebt seit einiger Zeit allein der Bauer Jan. Allein ist er und sehr oft hat er einfach nichts zu tun.
Vor wenigen Monaten haben die Eltern ihr Arbeitsleben beendet und den Hof verlassen, wobei die Mutter es nicht lassen konnte, dem Sohn zwei Gefriertonnen mit von ihr gekochten Mahlzeiten vollzustopfen. Anschließend wollten sich die Eltern einen Urlaub in Österreich gönnen, fuhren mit dem Auto los, leider damit gleich in einen See, wo sie ertranken. Jan gibt eine Kontaktanzeige auf: „Bauernsohn sucht Frau. Wohnt allein. 80 ha.“ Dass er Bauernsohn geschrieben hat, kommt ihm gleich darauf selbst seltsam vor, aber egal, nicht so wichtig, denkt er. Und er bekommt Antworten. Vier Briefe sogar. Einer ist darunter, der ihn so interessiert, dass er antwortet.
Was er nicht weiß: Es wären eigentlich mehr Briefe gewesen. Aber die hat die Angestellte der Zeitung, zuständig für die Kontaktanzeigen, alle vernichtet, dafür vier Antworten selbst geschrieben, jede unter anderem Namen, jede in anderem Stil: sanft oder romantisch oder albern oder generalsmäßig entschlossen. Da es der General in ihr war – Wil heißt er –, der Antwort erhalten hat, heißt es nun, den Generalston in Charakter, Sprache, Frisur einzubringen. Dann fährt Wil los, um sich mit Jan zu treffen. Sie sucht keinen Mann, sie will ein Haus mit Meerblick.
Kann das gut gehen? Natürlich nicht. Zwei psychisch und sozial einigermaßen verkorkste Menschen umkreisen einander, zanken sich, verlassen sich und müssten jeder zurück in seine Einsamkeit, wenn nicht doch der Hunger nach Nähe sie wieder zum nächsten Schritt triebe. Herz haben sie übrigens beide auch – aber das kommt nur sehr langsam und unter Mühen zum Vorschein. Scheinbar unspektakulär gestalten sich die Konflikte – über den Umgang mit tief gefrorenem Essen zum Beispiel oder was ein redeungewohnter Mann überwinden muss, bis er endlich das Magazin mit nackten Frauen drauf erworben hat.
Mathijs Deen hat einen intelligenten, schönen Roman geschrieben, sehr szenisch und in wunderbar lakonischer Sprache.