Mathew Weiner. Alles über Heather.

7 Oktober 2019
Heather

Karen hat Mark geheiratet. Weil sie schon 40 ist und weil man ihm nachsagt, dass er mal reich würde. Sie entdeckt sogar Humor an ihm. Also bitte. Er ist Finanzmensch, sie wird sofort Hausfrau und Mutter, obwohl man in Manhattan niemals nur Hausfrau ist. Sie ist verliebt in ihr Baby Heather, das schönste und liebste Kind weit und breit. Eine sehr glückliche Familie. Als Heather in den Kindergarten kommt, weint Karen stundenlang, als Heather pubertiert, schwankt die ganze Mutter-Tochter-Beziehung in den Qualen von Eifersucht (auf Heathers Freundinnen) und Neid (auf ihre Jugend). Relativ unbeachtet von seiner Frau strickt derweil Gatte und Vater Mark weiter an einer möglichen Superkarriere, aus der irgendwie doch nie was wird.

Parallel dazu wächst in New York Bobby auf, vaterloser Sohn einer drogensüchtigen Frau, der schon früh lernt, der Mutter wie ihren wechselnden Lovern aus dem Pennermilieu ihren Schuss zu setzen. Bobby und Pubertät? Da gibt es eine gewisse junge Mexikanerin, von der er sich gern vorstellt, wie er sie erwürgt und sie dann nimmt. Seine ersten Gehversuche in diese Richtung münden im Gefängnis, er begegnet einem Psychiater und lernt dabei erst richtig, wie clever und mächtig er ist. Als er aus dem Gefängnis frei kommt, folgt konsequent die nächste Tat.

Man ahnt es bereits beim Lesen des Klappentextes: Bobby wird Heather begegnen. Er wird sich auch mit ihr vorstellen, was er, wie er …

Die psychologischen Störungen am oberen und unteren Rand der amerikanischen Gesellschaft scheinen das Thema dieses Autors zu sein, der sich als Verfasser der Drehbücher zur amerikanischen Erfolgsserie „Mad Men“ längst einen Namen gemacht hat. Dass er auch als Stilist brilliert, davon zeugt dieser knappe (120 Seiten) Roman.

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