Kate Atkinson. Die Unvollendete.

10 Februar 2017
Was wäre wenn? Wer kennt sie nicht, diese Frage, mit der wir uns in verzweifelten Situationen dem erbarmungslos blinden Zufall rhetorisch stellen wollen?
Kate Atkinson. Die Unvollendete
Was wäre, wenn Ursula im Jahre 1910 nicht sofort nach ihrer Geburt gestorben wäre? 
Wenn ihre fröhliche Kinderstube kein tödliches Ende gefunden hätte durch einen grausamen Jungenstreich oder durch die Spanische Grippe? 
Was wäre, wenn Ursula sich hätte wehren können gegen eine Vergewaltigung, die ihr widerfährt und ihr weiteres unglückseliges Leben bestimmt? 
Was, wenn sie nicht Eva Braun kennen gelernt hätte, dem bizarren Leben auf dem Obersalzberg mit dem Führer nicht mehr entkommen wäre? 
Wenn sie ihren Einsatz im Londoner Luftkrieg, den Hunger, die leidenschaftliche Liebschaft nicht überlebt hätte?
Wie gut, dass Ursula aus allen tödlichen Schicksalsschlägen dazulernt und sich mit deja vus dagegen zu wehren weiß, am Ende sogar gegen einen der größten Übeltäter der Menschheitsgeschichte.

In immer neuen Variationen blättert Kate Atkinson Ursulas verschiedene Leben auf und zeichnet so ein großartiges Tableau Englands und Deutschlands während der beiden Weltkriege, darin eingeschlossen das Porträt einer großbürgerlichen englischen Familie mit ihren wundervoll ausgestalteten Figuren: der schlauen, exzentrischen Mutter Silvie; dem gütigen Vater Hugh; den Geschwistern Maurice, Pamela und Teddy; der irrlichternden Tante Izzie und den Dienstboten, von denen mir besonders Mrs. Glover mit ihrer echsenhaften Kälte ans Herz gewachsen ist. 


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