K 9 – Was gehört nun ins Vorfeld?

12 Juli 2016
Typische Satzanfänge
 
Was sich gut auf dem Vorfeld macht, das hängt wesentlich davon ab, an welcher Stelle in einem Text der Satz steht. Wenn wir einen Text beginnen, ganz besonders, wenn es sich dabei um einen Sachtext handelt, der informieren will, dann ist es nur anständig, den bildungshungrigen Leser nicht endlos darauf warten zu lassen, worum es gehen soll. Ein Geschichtsbuch über Sergeys Heimat könnte also vernünftigerweise so beginnen:
 
S                                          V
Die Republik Kasachstan gründete sich im Jahre 1992.

grammatik-geschichtsbuch

Statistisch gesehen findet sich auf dem Vorfeld tatsächlich zu mehr als 50 Prozent das Subjekt des Satzes. Ist es als Thema einmal eingeführt, dann verliert das Subjekt im Textverlauf natürlich an Wert. Einem Reflexivpronomen oder einer Modalpartikel ist es in Sachen Informationsgehalt aber immer noch deutlich überlegen. 
 
Nummer Zwei: die temporale Angabe (TE)
 
Zweithäufigste Besetzung auf dem Vorfeld ist die temporale Angabe (TE). Eine Information über das Wann einer Sache mag weniger spannend sein als Ausführungen zu seinem Wie oder Warum. Gegenüber dem aus dem Text schon bekannten Subjekt kann sie sich aber wiederum recht stattlich ausnehmen.
 
Als Nebensatz
 
Ganz besonders, wenn sie in Form von Nebensätzen auftritt (mit einleitendem als, wenn, während, bevor, nachdem), liebt die temporale Angabe die Stellung im Vorfeld:
 
TE-Angabe                                          Verb      S  ERGÄNZUNG
Als Sergey nach Deutschland kam, landete er  in einem Auffanglager für russlanddeutsche Immigranten
                                                                                                                           
Aber auch als Adverb
 
Schön, so ein ganzer Nebensatz macht natürlich Eindruck. Doch auch als knappes einzelnes Adverb bringt die temporale Angabe oft genug mehr dramaturgisches Gewicht auf die Waage als ein Subjekt. Und das bei seiner spezifischen semantischen Schwerelosigkeit:
 
                                                                      reiten.
                                                  durchs Gelände
                                           mit Katka
                                    alleine
Schon bald WIRD Salli 
             
Auf den Ton hören
 
Dass hier die Angabe gegenüber dem Subjekt tatsächlich gewichtiger ist, merkt man am besten, wenn man den Satz laut spricht und hinhört, wo die Stimme Akzente setzt. Wo liegt mehr Ton: auf schon bald oder auf Salli? Welches Satzglied darf also mehr dramatisches Interesse beanspruchen? Betonung durch Stimme und Dramatik hängen zusammen, das kann uns jeder Schauspieler bestätigen. 

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